Page 88 - Fischen in den Alpen
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Quappe | porträt
Seeteufel
der Alpen
Dieser geheimnisvolle Räuber hat seine besten Zeiten in Mitteleuropa hinter sich. Seit der letzten Eiszeit ist es den Quappen zu warm hier. Heute sind die sommerkühlen Tiefen der großen Voralpenseen
ihr letztes Refugium und bieten eine einzigartige
Kulisse für ihren Fang.
88 | Fischen in den Alpen
Nur damit keine Missverständnisse aufkommen: Die Quappe ist ein Raubfisch. Schon der Schweizer Natur-
forscher Conrad Gesner schrieb im 16. Jahrhundert: «Die Aalruppen sind sehr frässige Fisch / und ist kaum ein Ge- schlecht / dass nach siner Größe und Gestalt andere so große Fisch verschlu- cket.» Für die Jagd wurde sie von Mut- ter Natur großzügig ausgestattet: Neben einem scharfen Geruchssinn, Augen mit Restlichtverstärkung und einer feinen Seitenlinie hat die Quappe Tausende von Geschmacksknospen, verteilt über ihre gesamte Hautoberfläche. Am dich- testen sind sie auf der Kinnbartel und den zu «Fingern» verlängerten Bauch- flossen. So gespickt mit Sensoren findet die Quappe ihre Beute auch in düsterer Tiefe und bei stockdunkler Nacht.
Alles an der Quappe ist einem Leben am Grund angepasst: ihr Körperbau, ihre schlängelnde Fortbewegung und die feste schleimige Haut mit den win- zigen Schuppen. Ins Freiwasser wagt sie sich so gut wie nie. Diese Heimlichtuerei ist nicht nur Jagdstrategie, sondern auch Schutz vor Räubern wie Hecht, Seeforel- le und ihren größeren Artgenossen, die kleine Quappen sehr appetitlich finden.
Wie sie jagt
Häufig lauert die Quappe gut getarnt am Grund oder in Verstecken. Nähert sich ein Fisch, schießt sie blitzschnell aus ihrem Hinterhalt. Ihre Hauptbeute sind Schwarmfische wie Barsche, Felchen oder Rotaugen und nicht selten halb so lang wie die Jägerin selbst. Knurrt der
Magen im Versteck, geht die Quappe auf die Pirsch. Dabei streift Sie mit Bar- tel, Bauchflossen und Bauch über den Grund und untersucht ihn auf verräte- rische Geschmacksspuren. Bietet sich die Gelegenheit, frisst sie auch Krebse, Insektenlarven, Würmer und Fischlaich.
Nicht so flexibel ist die Quappe in Bezug auf ihren Lebensraum: Nach der Jugendzeit, die sie im Uferbereich ver- bringt, machen dem Süsswasserdorsch Temperaturen über zehn Grad mit zu- nehmender Größe zu schaffen. Deshalb bevorzugt sie in unseren Breiten das kühle Wasser am Grund der Seen, also Tiefen von 30 bis über 100 Meter. Im Genfersee wurden Quappen in über 300 Metern beobachtet.
Eigentlich längst widerlegt sind die hartnäckigen Klischees, die Quappe


































































































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