Page 66 - Fischen in den Alpen
P. 66
NamaycuSh | porträt
Herrscher
der Bergseen
Sein indianischer Name Namaycush bedeutet «Herrscher des Sees». Der kanadische Seesaibling ist ein faszinierender Räuber, für dessen Fang manche Petrijünger um die halbe Welt reisen. Es geht auch näher! In über hundert Schweizer Bergseen hat man Chancen auf ein Rendezvous.
66 | Fischen in den Alpen
Schwach schimmert blaues Licht auf seinem breiten Rücken und enthüllt die dunklen Umrisse seiner Beute – un-
vorsichtige Elritzen. Auf der Suche nach ihnen ist er aus seinem Unterstand zwi- schen zwei mächtigen Granitblöcken aufgestiegen. Bis unter die glatte Eisde- cke. Weiter vorne leuchtet das klare Was- ser. Fast blendet ihn der Sonnenstrahl, der tief in die ewige Dämmerung ein- dringt. Und mitten in der Helle taumelt etwas Weißes in die Tiefe. Es sieht ver- letzt aus, todgeweiht! Der große Saibling beschleunigt mit zwei, drei Schwanz- schlägen auf Angriffstempo und reißt die mächtigen Kiefer auf. Ein großes Auge blickt ihn hilflos an... Ich beobachte ge-
spannt durchs Eisloch, wie mein Jig tau- melnd im Halbdunkel verschwindet. Da fährt ein harter Ruck in meinen Arm!
Gast vom Polarkreis
So eine Begegnung mit dem eiskalten Jä- ger ist heute auch in den Alpen möglich. 1886 importierten experimentierfreudi- ge Fischzüchter die ersten Namaycush- Eier nach Europa. Der Plan war, die kälteliebenden Salmoniden für die Be- wirtschaftung von Gebirgsseen zu nut- zen. Die Versuche im Berner Oberland waren ein Erfolg. Der «Kanadier» wurde ein fester Bestandteil der Fischpopu- lationen in Schweizer Bergseen. Heute
kommt er in über hundert Stau- und Bergseen von etwa 800 bis auf über 2500 Meter vor und pflanzt sich natürlich fort. Zusätzlich werden jährlich rund eine Million Jungfische und 50 000 fang- fähige Exemplare besetzt. Die Chancen, einen Alpen-Namaycush zu fangen, ste- hen heute so gut wie nie zuvor!
Jäger und Sammler
Der Namaycush wächst relativ langsam, aber er kann uralt werden. Aus Unter- suchungsfängen im Engadin sind Fische von über 30 Pfund bekannt. Der Schwei- zer Rekord aus dem Engstlensee wog 24 Pfund und war 104 Zentimeter lang.