Page 63 - Fischen in den Alpen
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In den Voralpenseen wird dem See- saibling fast ausschließlich mit der Schleppangel nachgestellt. In der
Schweiz kommt vor allem die Tief- seerolle zum Einsatz. Sie besteht aus einer Aluminiumspule mit den Aus- maßen einer Kabelrolle, die 150 Meter Stahldraht aufnehmen kann. Am Ende dieser so genannten «Litze» wird ein stromlinienförmiges Schlepp-Blei mit zwei bis vier Kilogramm Gewicht befes- tigt. Dieses wird über einen Metallbü- gel mit Umlenkrolle in die gewünschte Tiefe – üblicherweise 20 bis 80 Meter – abgelassen. Am Stahldraht werden bis zu sechs Schnüre mit Schleppködern befestigt. Die Monofilschnüre (0,25 bis 0,40 mm) von fünf bis zehn Meter Län- ge nennt man «Zügel».
Mit dieser Montage lässt sich eine Wassersäule von über 50 Metern nach hungrigen Seesaiblingen durchkäm- men. Da die «Litze» fast senkrecht in die Tiefe führt, lässt sich mit den Tiefen- marken auf dem Draht bestimmen, in welcher Tiefe sich das Blei bewegt.
Fängige Saiblings-Köder sind leichte Blechlöffel wie der Stucki Spezial, der Hofmann-Löffel oder der Luhr Jensen Needlefish, die relativ langsam (2,5 bis 3,5 km/h) geschleppt werden. Viele Fi- scher drosseln ihr Fahrtempo mittels Driftsack oder Eimer.
Ein Biss zieht den Metallbügel nach unten. Wer diesen nicht ununterbro- chen beobachten mag, montiert ein Glöckchen. Ist der Fisch gehakt, beginnt ein relativ aufwändiges Prozedere. Zu- nächst wird der Draht sachte eingekur- belt. Hängt der Saibling nicht zufällig am obersten Köder, muss jeder «Zügel» aus- gehängt und auf eine Zügelrolle gespult werden. Ist endlich die Schnur mit dem Fisch an der Reihe, wird dieser von Hand gedrillt. Im Fall einer kapitalen Seeforel- le eine aufregende Geschichte!
Seesaiblinge halten sich gern im Freiwasser über tiefem Wasser auf. Im Sommer und Herbst findet man sie beim Schleppen auch an den Halden, oft in 30 bis 40 Meter Tiefe. Wenn die Laichzeit im Herbst näher rückt, er- kennt man auf dem Echolot deutliche Trupps. Auch Kleinfischschwärme auf dem offenen See werden oft von See- saiblingen begleitet.
Fangchancen hat man beim Tiefsee- schleppen rund um die Saison. Klares
Die Spinnerblätter des Konvoisystems locken die neugierigen Räuber an, die Bienenmade verführt sie zum Anbiss.
prAxis | SeeSaibling
Wasser, Sonnenschein und eine stabile Wetterlage sind günstige Vorzeichen.
bewährtes Konvoisystem
In höher gelegenen Seen, wo meist nur Ruderboote erlaubt sind, dafür die Saiblinge auch nicht so tief stehen, wird zum Schleppen häufig das Konvoisys- tem eingesetzt. Es besteht aus mehreren Spinnerblättern, die einen Kleinfisch- schwarm imitieren sollen. Es endet mit einem Monofil-Vorfach (0,18 bis 0,25 mm) und feindrähtigem Einfach- haken, der mit Maden, Wachsmotten- raupen, Würmern oder einem kleinen Köderfisch bestückt wird. Dafür reicht eine Spinn- oder Posenrute zwischen
2,5 und 3,5 Metern mit sensibler Spit- ze, um die oft feinen Bisse anzuzeigen. Ob Stationär- oder Multirolle ist Ge- schmacksache. Eine geflochtene 0,15er verbessert die Bisserkennung und den Anhieb.
Das Konvoisystem wird mit einem vorgeschalteten Birnenblei von 20 bis 80 Gramm Gewicht vom fahrenden Boot unter stetiger Spannung auf Tie- fe gebracht. Am einfachsten gelingt das durch Rückwärtskurbeln der Rolle. Wer sich die Zahl der Umdrehungen einprägt, findet die gewünschte Tiefe leicht wieder.
Der versierte Schleppfischer steuert die Bachmündungen, tiefen Rinnen, Sandbänke und Erhebungen an, die er konzentriert absucht. Dabei wechselt er zwischen ufernahen Bereichen und der Seemitte, wobei im Herbst steile Felsufer und Inseln interessant sind. Saiblinge sind Schwarmfische, und wo einer ge- fangen ist, gesellen sich oft weitere dazu. Entscheidend ist eine variantenreiche Schleppgeschwindigkeit. Über tiefem Wasser empfiehlt es sich, mit dem Ru- dern auszusetzen und die Montage bis in Grundnähe sinken zu lassen.
Immer wieder ist es faszinierend, wenn die vibrierende Rutenspitze den Biss ankündigt. Den Anhieb setzt man von Hand oder mit einem kräftigen Ruderschlag.
Lukas Bammatter
Die Tiefseeschlepprolle ist
eine Schweizer Erfindung, die mittlerweile im ganzen Alpenraum verwendet wird.
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Fotos: Daniel Luther, Andreas Hertig


































































































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