Page 84 - Fischen in den Alpen
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Freiwasser-HecHT | Gewässertipp
Schweizer
riesen
Die unergründlichen
Tiefen der Schweizer
Voralpenseen bieten Hechten
ideale Voraussetzungen, um kapitale Größen zu erreichen. Es ist sogar gut möglich, dass der größte Hecht auf diesem Planeten irgendwo am Fuß der Alpen seine einsamen Bahnen durch die kristallklaren Fluten zieht.
Diskutieren Hechtangler über ihre Traumziele, fallen Namen wie Irland, Schweden, Holland, oder die
Bodden der Ostsee. Die Schweiz hat au- ßerhalb des Landes kaum jemand auf dem Zettel. Das ist eine «kapitale» Wis- senslücke. Es liegt aber auch nicht auf der Hand: Bei klarem, kaltem Wasser und schneebedeckten Gipfeln am Hori- zont denkt man nicht unbedingt an gut genährte, geschweige dennan riesige Hechte. Aber es gibt sie tatsächlich. Die riesigen Freiwasserbereiche der großen Voralpenseen sind ein Lebensraum, in dem sich Hechte ungestört bewegen und erfolgreich jagen können. Große Schwärme energiereicher Fische wie Renken, Saiblinge oder Barsche stehen rund ums Jahr zur Verfügung. Zudem ja- gen Freiwasserräuber mit zunehmender Größe erfolgreicher, denn sie schwim- men schneller und erschließen sich ein breiteres Beutespektrum. Das bedeutet: Freiwasser-Hechte haben Gene, die kapi- tale Größen begünstigen. Gut zu wissen!
Tessiner Brocken
Im Kanton Tessin, dem italienischspra- chigen Teil der Schweiz, liegen zwei Seen,
die regelmäßig mit spektakulären Groß- hechtfängen für Aufsehen sorgen. Im Lago Maggiore (Langensee) und im Lago di Lugano (Luganersee) sind es nicht nur Renken, an denen sich die Räuber mäs- ten, sondern auch der «agone», ein fett- reicher Süßwasser-Maifisch sowie dichte Weißfisch- und Barschschwärme.
Dank der steilen Ufer an beiden Tessiner Seen haben auch Uferfischer Chancen, einen der bulligen Freiwasser- Hechte zu erwischen. Die größten Fische werden aber erfahrungsgemäß beim Schleppfischen gefangen. So auch der aktuelle Schweizerrekord aus dem Luga- nersee mit 137 Zentimeter und 44 Pfund. Attraktiver Beifang sind ebenfalls riesige Freiwasser-Zander und Seeforellen.
Groß und zahlreich
Im französisch sprechenden Teil der Schweiz fängt man nicht nur kapitale, sondern auch enorm viele Hechte. Das Paradebeispiel ist der Neuenburgersee, mit üppigen 218 Quadratkilometer der größte ganz auf eidgenössischem Boden liegende See. Jede Saison werden hier et- liche hundert Hechte in Längen zwischen 90 und 120 Zentimeter gefangen und ent-
nommen. Mehrere Meterhechte pro Tag bringen hier niemanden aus der Ruhe.
Der riesige Genfersee, dessen 580 Quadratkilometer sich Frankreich und die Schweiz teilen, beherbergt ebenfalls eine enorme Räuberpopulation. Insider mit guten Kontakten zu den zahlreichen, aber ziemlich diskreten Schleppangler- Clubs rund um den «Léman» schätzen, dass nirgendwo sonst in Frankreich und der Schweiz so viele Hechte über 30 Pfund gefangen werden.
Das wohl beste Schweizer Großhecht- gewässer und mit 39 Quadratkilometer Fläche auf jeden Fall deutlich überschau- barer als die beiden «Hechtmeere» ist der Bielersee. Beim Schleppen zwischen Rebbergen, schmucken Fischerdörfchen und der malerischen Halbinsel St. Peter kommt Ferienstimmung auf. Der exzel- lente Bestand von «bondelles», wie die kleinen Renken hier heißen, lässt die Freiwasser-Hechte rasch wachsen.
Was für fantastische Größen diese Diät möglich macht, offenbarte ein Be- trugsfall Anfang der 1980er-Jahre. Damals erregten Geschichten und Bilder von su- perkapitalen Bielersee-Hechten Aufmerk- samkeit weit über die Schweiz hinaus. Ein Angler meldete in kurzer Folge Exemplare
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Fotos: Fotolia - Thomas Pozzo di Borgo, privat